Bundesverfassungsgericht zu Corona

Verfassungsbeschwerden betreffend Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite („Bundesnotbremse“) erfolglos

Pressemitteilung Nr. 101/2021 vom 30. November 2021

Beschluss vom 19. November 2021
1 BvR 781/21, 1 BvR 889/21, 1 BvR 860/21, 1 BvR 854/21, 1 BvR 820/21, 1 BvR 805/21, 1 BvR 798/21

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in mehreren Hauptsacheverfahren Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich unter anderem gegen die durch das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. April 2021 in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG für einen Zeitraum von gut zwei Monaten eingefügten bußgeldbewehrten Ausgangsbeschränkungen sowie bußgeldbewehrten Kontaktbeschränkungen nach § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG zur Eindämmung der Corona-Pandemie richteten. Die beanstandeten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen waren Bestandteile eines Schutzkonzepts des Gesetzgebers. Dieses diente in seiner Gesamtheit dem Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems als überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen. Die Maßnahmen griffen allerdings in erheblicher Weise in verschiedene Grundrechte ein. Das Bundesverfassungsgericht hat die Maßnahmen anhand der allgemein für sämtliche mit Grundrechtseingriffen verbundenen Gesetze geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen geprüft. Danach waren die hier zu beurteilenden Kontakt- und selbst die Ausgangsbeschränkungen in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie mit dem Grundgesetz vereinbar; insbesondere waren sie trotz des Eingriffsgewichts verhältnismäßig. Soweit in diesem Verfahren weitere Maßnahmen des Gesetzes zur Eindämmung der Pandemie angegriffen wurden, wie etwa die Beschränkungen von Freizeit- und Kultureinrichtungen, Ladengeschäften, Sport und Gaststätten, war die entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zulässig erhoben.

 

Neues aus dem Versicherungsrecht :

1 Leistungen aus Betriebsschließungsversicherung nach behördlicher Maßnahme wegen der Corona-Pandemie. 

lfSG § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 5, § 7 Abs. 1, Ans. 2, Abs. 3 Satz 1, § 15, § 56 Abs. 1, § 65 Abs. 1; VVG § 76 Abs. 2; BGB §305 c Abs. 2, §307 1 Satz 2, § 313 Abs. 1

  1. Nehmen Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungsversicherung mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz (lfSG) Bezug und bestimmen diese eine Entschädigungspflicht für eine Betriebsschließung „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr.2)“, wobei der in dieser Nr.2 enthaltene und abschließend zu verstehende Katalog mit den „folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger(n)“, gegenüber dem Katalog in §§ 6 und 7 lfSG eingeschränkt ist, so ist die den abschließenden Katalog enthaltende Klausel wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 satz 2 BGB unwirksam. (amtl. Leits.)
  2. Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel besteht Versicherungsschutz für eine bedingungsgemäße Betriebsschließung  auch aufgrund des Auftretens von Krankheiten und Krankheitserregern, die von den Generalklauseln in § 6 und § 7 lfSG erfasst werden. Diese Generalklauseln schließen die Krankheit COVID-19 bzw. den Krankheitserreger SARS-CoV-2 mit ein. (amtl. Leits.)
  3. Ob eine Betriebsschließeung iSd Versicherungsbedingungen vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu Beurteilen. Allein der Umstand, dass weiterhin in geringem Umfang eine geschäftliche Tätigkeit möglich war, schließt die Annahme eines Versicherungsfalles nicht aus, wenn sich die behördliche Anordnung im konkreten fall faktisch wie eine Betriebsschließung ausgewirkt hat. (amtl. Leits.)

OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.06.2021 – 12 U 4/21

 

Betriebsschließungsversicherung OLG Karlsruhe

OLG Karlsruhe , Urteil vom 30.06.2021 :

Nehmen Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungsversicherung mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz Bezug und bestimmen diese eine Entschädigungspflicht für eine Betriebsschließung „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger“ , wobei der in dieser Nr. 2 enthaltene und abschließend zu verstehende  Katalog mit den „folgenden , im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserregern“, gegenüber dem Katalog in § 6 und 7 lfSG eingeschränkt ist, so ist die den abschließenden Katalog enthaltende Klausel wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot in § 307 abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Klauser besteht Versicherungsschutz für eine bedingungsgemäße Betriebsschließung auch aufgrund des Auftretens von Krankheiten und Krankheitserregern, die von den Generalklauseln in § & und § 7 lfSG erfasst werden. Die Generalklauseln schließen die Krankheit COVID -19 bzw. den Krankheitserreger SARS-CoV-2 mit ein.